Dienstag, 31. Juli 2012

Die unheilige Debatte ums Blasphemiegesetz

Heute will ich mich mal nicht mit den Salafisten als solches beschäftigen, sondern mit dem großen Ganzen - der Religion, so brandet ja hierzulande eine unheilige Diskussion auf, welche bei mir Magengrummeln auslöst:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/robert-spaemann-zur-blasphemie-debatte-beleidigung-gottes-oder-der-glaeubigen-11831612.html

Können Sie sich noch an Monty Pythons "Das Leben des Brian" erinnern, wo ein alter vertrockneter Mann zur Steinigung geführt wird, nur weil er seiner Frau mitteilte, dass ihre Kochkünste nichtmal Jehova schätzen würde? So ähnlich gehts auch hierzulande gerade zu, brodelt unter der modernen Fassade ja das Süppchen der Inquisition, welches mancher gerne löffeln würde - jeder hat zwar einen kleinen Seppel im Hirn, aber der göttliche muss beschützt werden, steht er ja unter Artenschutz. Es geht um Gefühle und zwar um verletzte, welche verhindert werden müssen, darf die Welt ja nur aus eitlem Sonnenschein bestehen und keine emotionale Wimper beschädigt werden, deshalb muss unbedingt eine Strafe her und zwar schleunigst.

Aber wo soll das eigentlich hinführen? Darf der Lehrer seinen Schülern dann auch keinen verbalen Tadel mehr aufs nichtlernende Auge drücken und muss er sich gar überlegen, in welches schwarze Loch er seinen Eleven mit einer achtlos hingeworfenen 6 stürzt? Wie? Ok, sie haben recht, haben wir diesen Zustand ja schon teilweise, so laufen ja immer mehr Pubertierende herum, welche nach fast einem Jahrzehnt Deutschunterricht kein gerades Wort herausbringen und trotzdem nie wiederholt haben. Schwer vermittelbar, wie sie dieser Zustand nunmal macht, driften viele ab und finden sich vor einem Richter wieder......welcher wieder keine Gefühle verletzen möchte und deshalb einige auch nach der 20sten Straftat mit einer Bewährungsstrafe belohnt - Hauptsache nicht angeeckt und keinen psychologischen Schaden ausgelöst.

Und noch eins: Wie handeln wir eigentlich in Zukunft bei Trennungen im Minenfeld der Liebe? Wird da jetzt auch immer einer bestraft, weil er seinem Gegenüber tränenreiche Monate beschert hat? Und darf ich in Zukunft eigentlich meinen Chef steinigen, wenn er mir eine Rüge unter die Nase rotzt und das nur, weil ich in selbiger gebohrt habe, anstatt zu arbeiten?

Alles Blödsinn? Echt? Und warum diskutieren wir dann über ein Blasphemiegesetz? Zählen die Befindlichkeiten eines Gläubigen mehr, als die eines Liebeskranken? Und wenn ja, dann warum? Kann es sein, dass letzteren einfach nur die geldmüffelnde Lobby fehlt und sich deshalb auch keine Philosophen um deren Leid kümmern? Und ist eigentlich Alter immer ein Zeichen von Weisheit, auch wenn ich bei den Ausführungen eines Robert Spaemann keine entdecken kann, auch wenn ich sie noch so sehr drehe und wende?

Fragen über Fragen, welche ich für mich schon alle beantwortet habe, habe ich ja unter all diesen eine Strich gezogen und bin zu folgendem Schluss gekommen: Ich pfeif auf Gefühle. Auf die von anderen und auch auf meine, wäre die Welt ja viel, viel einfacher, wenn nicht jeder seinen Schmarrn derartig ernst nehmen würde. Mich juckt ein Papst mit gelben Fleck nicht, genausowenig, wie ein Mohammed mit Bombengürtel und auch ein aufgemalter Schnurrbart auf meinem Passfoto geht mir am Allerwertesten vorbei. Beleidigen kann mich nämlich nur jemand, den ich ernst nehme, was im Falle des Vatikans und des Islams jedoch bedeuten würde, dass die Zeitung Titanic die Wahrheit auf das Titelblatt gemalt hat und der Kurt Westergaard beim zornigen Propheten auch richtig lag. Wenn dies aber so ist, sollte man vielleicht mal in sich gehen und nachdenken. Über die Welt, Gott und vor allem über sich selber. Das kann zwar Ihre Gefühle mächtig verletzten, aber der Weg zur Selbsterkenntnis ist eben immer auch ein steiniger.

Guten Tag


4 Kommentare:

  1. Solange es in der Führungsriege der Religionsgemeinschaften geistige Totalausfälle gibt, die behaupten, das Menschsein finge erst mit der Zugehörigkeit zu einer Glaubenstruppe an, können diese Religioten nicht allen Ernstes sowas wie ein Blasphemiegesetz fordern.

    Permanent werden ungläubige Menschen (über 30 % der Bevölkerung) in diesem Land auf diese Art und Weise beleidigt, übergangen, benachteiligt und ihnen wird Geld aus der Tasche gezogen, das sie anderweitig viel besser einsetzen könnten.

    Wenn es Ungerechtigkeit, Unfrieden und Hass auf Andersdenke gibt, dann haben die Religionsgemeinschaften und ihre schlecht-behüteten Oberhäupter mit Sicherheit ihre Hände im schmutzigen Spiel.

    Denn wie sagte Steven Weinberg so schön: „Religion ist eine Beleidigung der Menschenwürde. Ohne sie würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, dafür bedarf es der Religion.“

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  2. "nur weil er seiner Frau mitteilte, dass ihre Kochkünste nichtmal Jehova schätzen würde?"

    Der Verurteilte sagte, dass das wundervolle Abendessen mit seiner Frau gerade gut genug für Jehova gewesen wäre!

    Bitte nicht Monty Python verdrehn. Das ist wahre Blasphemie und verletzt meine Gefühle :)

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  3. Blasphemie - wie immer man die definieren will, einige sehen z.B. Atheismus schon als Blasphemie an - beeinhaltet immer die Erkenntnis, dass andere die Religion anscheinend nicht so ernst nehmen, von ihrem Hirn Gebrauch machen und vor allem keine Bestrafungen seitens der verehrten Gottheit fürchten. Blasphemie macht die Gläubigen immer auf die unangenehme Tatsache aufmerksam, dass a) es keine wissenschaftlich haltbaren Beweise für die Existenz Gottes gibt und b) selbst wenn es die gäbe, immer noch bewiesen werden muss, dass dieser Gott tatsächlich auf das ganze Religionstralala besteht und schlussendlich c), dass es komischerweise so viele Religionen gibt, wo doch alles eigentlich glasklar sein sollte, wer nun das Sagen hat und wie alles zur Anbetung und Verehrung richtig gemacht wird.
    Diese Erkenntnis kann schmerzen und die geforderten drastischen Blasphemiegesetze sind nichts anderes als staatlich verordnete Scheuklappen und Maulkörbe, damit man als wahrer Religiot nicht in seiner absurden, von komischen Bräuchen und Lehren geprägten Traumwelt gestört wird, sich weiterhin im Besitz der absoluten Wahrheit wähnen darf und das Hirn weiter ausgeschaltet lassen kann.

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  4. Meine tiefste innere Überzeugung ist das Recht auf Blasphemie.
    Mir Blasphemie zu verbieten ist Blasphemie!

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