Mittwoch, 21. November 2012

Eine Antwort für Ayse Sagir

http://www.migazin.de/2012/10/31/teile-und-herrsche/

Ich, meine sehr geehrte Frau Sagir, finde es äußerst interessant, wenn Sie in Ihrem ellenlangen Artikel die Ausgrenzung von Muslimen kritisieren, aber andererseits dasselbe tun, sind ja alle, welche sich nicht in den Strom der Jammerer einfügen, Verräter und die werden sich schon noch zur "richtigen" Seite bekennen und zwar spätestens dann, wenn Ihnen eine Hohlbirne die Betitelung "dreckiger Moslem" ans abtrünnige Haupt schmettert. Dafür oder dagegen, man muss sich entscheiden, die Augenklappe anlegen und darf nur das sehen, was bei den anderen schief läuft - man selber ist frei von Schuld und kann deshalb auch dem Schlaf des Verlogenen frönen.
Ich weiß ja nicht, was Sie erlebt haben, aber es scheint gar fürchterliches zu sein, führte dies ja zu einer Farbenblindheit und die Welt wird nur mehr in Schwarz/Weiß wahrgenommen - wir sind die Guten, die Unterdrückten, die Ausgegrenzten und ihr seit die Nazis, welche Zuwanderer am liebsten brennend sehen.

So ist es aber nicht, haben sich ja weder alle in der hiesigen Gesellschaft, noch jeder Zuwanderer mit Ruhm bekleckert - die Probleme des heutigen Multi-Kulti sind mannigfaltig und können nicht einer einzigen Partei in die Schuhe geschoben werden. Natürlich gibt es Rassisten, bei welchen die Ablehnung des Fremden in verschiedenen Graden ausgeprägt ist, jedoch gibt es auch Immigranten, welche einen Dreck für die Eingliederung ins "Multi-" getan haben - sie beide wollen ein "Mono-", möchten die einen ja gerne eine rein weiß-christliche Gesellschaft, während die anderen ein Klein-Istanbul erschaffen möchten, abgegrenzt von einander und mit möglichst wenig Berührungspunkten. Es mangelt an der Identität, die die einen nicht geben wollten, die anderen aber auch nicht eingefordert haben und manche sind deswegen genauso fremd wie damals ihre Großväter, welche vor 50 Jahren aus dem Zug gestiegen sind.

Der Islam selber ist daran eher wenig verantwortlich, wird er ja nur benutzt, damit sich daran auch nichts ändert, ist er ja das einzige, aus dem man eine neue Mauer hochziehen kann - die da drüben sind die anderen, die Schweinefleischesser, die Rockträgerinnen und die Götzen-Weihnachtsbaumbeter, während auf einen selber der Allah wohlwollend blickt und wenn sie die Gesellschaftsspaltung kritisieren, dann müssten sie dies auch bei der Entwicklung dieses Glaubens tun, sonst heucheln Sie genauso, wie sie es dem bösen Gegenüber vorwerfen. Islam ist nämlich nicht Islam, ist da von Demokratiebejahend bishin zur Scharia-Steinigung alles drinnen und da muss geteilt werden, auch wenn es Ihnen nicht passt, ist ja mit letzteren kein vernünftiges Zusammenleben möglich, genausowenig wie mit den Reines-Deutschblut-Fetischisten. Ihre Religion ist eben machmal lieb und manchmal auch grausig, manchmal händeschüttelnd und manchmal genauso kriegstreibend, manchmal verbindend und des öfteren auch trennend, sieht man das ja sogar im Ansatz bei ihnen, schließlich kippen sie ja in Ihrem Beitrag unter anderem über die Aleviten ihren Verachtungskübel aus.

Nun bin ich ja ihrem Glauben nicht zugehörig und vielleicht sehe ich als außenstehender Betrachter deswegen manches klarer, kann eine Geburtsmitgliedschaft ja überall jegliche Objektivität im Keim ersticken, deshalb sage ich Ihnen, was wohl der Mehrheit der Bevölkerung hierzulande auf den Senkel geht: die Jammerei. Andauernd wird betont, wie Scheiße es hier doch ist und wie ausgegrenzt man ist, wobei es andererseits genug Beispiele gibt, dass Anstrengung und Einsatz auch zu Erfolg führen und dies ist sogar in den Medien zu sehen, werden dort die Ayses und Mehmets ja immer mehr, was ich ausdrücklich begrüße und auch als Beweis dafür sehe, dass eine Verbindung verschiedener Kulturen durchaus möglich ist. Aber dafür muss man einen Teil seiner Herkunftsidentität aufgeben, was ja auch mir so gehen würde, wenn ich nach Schweden auswandere, könnte ich mich ja dort auch nicht aufregen, wenn ich zB das Julfest als behämmert tituliere, die vorherrschende Sprache vollkommen ignoriere, die Einheimischen als verlotterte Sünder geringschätze und deswegen nichtmal mit einer lappischen Arschbacke angesehen werde. Wer in einem fremden Land lebt, der muss auch zusammenwachsen wollen und dafür sorgen, dass der Nachwuchs nicht auf Ewigkeiten mit einem Bein in der Ur-Heimat steht, welche er ja ohnehin nur aus Urlaubsreisen kennt. Wer Deutsch sein will, der darf das, jedoch ist dafür ein Pass zu wenig - es muss aus dem Inneren kommen, sonst wird einem immer ein xxxx-stämmig an der Backe kleben und das behämmerte "mit Migrationshintergrund" wird einen auf Ewigkeiten begleiten.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich bin keineswegs ein Befürworter der Super-Assimilation, mir gehts einzig um eine klare Wertigkeit - ich bin da zugehörig, wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe und nicht dort, wo ich ihn gern hätte, mehr nicht. Es ist keine Verleugnung der Herkunft nötig, keine Abkehr von Festen der Kindheit und auch kein Austritt aus irgendeiner Religion, aber es kann nicht unsere Aufgabe sein, dass wir uns an Ihre Kultur anpassen, nur damit Sie sich wohlfühlen - das ist Ihre Aufgabe und Sie haben die meisten Schritte für ein Zusammentreffen zu gehen. Unser Anteil ist das Öffnen der Arme, das Aufhelfen beim eventuellen Stolpern und das Anschieben auf so manchem beschwerlichen Hügel - gehen aber müssen Sie selber. Bei ersterem haben wir zugegebenerweise des öfteren kläglich versagt, bei zweiterem manche Einwanderer und daran müssen wir arbeiten, gegenseitige Schuldzuweisungen sind dabei jedoch nicht wirklich hilfreich. Sie bremsen. Mächtig. Und diese Zeit haben wir nicht.

Guten Tag


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